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Anja und Sebastian in Portugal

Kajakfahren im Winter garantiert schneefrei!

Die Winterzeit rückt näher und damit auch die Frühlingssemesterferien. Vier Wochen(und mehr) am Stück frei. Aber das von Mitte Februar bis März! Zu dieser Jahreszeit kann man in den Alpen höchstens Snowkayaken, mehr ist aber nicht drin. Also ab dahin, wo es wärmer ist, wo die Flüsse Wasser haben und wo auch noch gescheites Wildwasser auf uns wartet. Erraten? Richtig, wir reden nicht von Galizien, sondern von Portugal!

Kleiner Rückblick: Aktiv gehört und gesehen hatten wir dieses Land im Frühling 2012, wo wir mit einer Gruppe Franzosen dort eine Woche verbrachten. Leider bei kaum Wasser, da in diesem Jahr es einen Sommer im Winter gab. Aber wir hatten Blut geleckt, hier wollten wir wieder hin!

15. Februar: Heute ist es endlich soweit, auf Richtung Süden! Eine Woche Hinfahren mit kleinen, kulturellen (und paddlerischen) Zwischenstopps, zwei Wochen Portugal und eine Woche Heimreise - Planung steht. Aber gleich nach 400 km Autofahrt bemerkten wir unseren ersten Fehler in der Organisation: der Flussführer Portugal lag noch sicher daheim auf dem Nachttisch. Was nun? Umdrehen und 800 km Umweg fahren? Nein, es gibt da ja noch die eine Internetseite (www.aguasbravas.net), da standen ja eigentlich alle Flussbeschreibungen drauf. Tja, nächster Tag in Lyon bemerkten wir dann, dass genau zu diesem Zeitpunkt auf der Internetseite ein Fehler war, und somit die Flussbeschreibungen nicht herunterladbar sind. Aber es gibt ja noch Emailverkehr, und die Email \\" Ey, wir sind zwei hilflose, (leicht?) verplante Deutsche, which rivers are good?\\" ist ja schnell verfasst.

Die Antwort erreichte uns dann vier Tage später. Zwischendrin hatten wir noch Barcelona besichtigt und kamen gerade von der Befahrung des Rio Gallego (südliche Pyrenäen) zum Campingplatz zurück. \\'Ja, klar geb ich euch die, wann seid ihr denn in Portugal? Ruft mich einfach mal an, wenn ihr da seid, ihr könnt dann auch im Bootshaus pennen, kein Problem. Ricardo\\' Sowas kann man natürlich nicht ausschlagen, also ab nach Portugal. In der ersten größeren Stadt erst mal eine portugiesische Sim-Karte gekauft, Ricardo angerufen und schon hatten wir unser nächstes Ziel: das Paddlercafé in Alvarenga. Leichter gesagt als getan. Mittlerweile war es schon dunkel, und der Regen, der uns den ganzen Tag begleitet hatte, lies auch nicht nach. Gute Beschilderung in Portugal ist dort genauso ein Fremdwort wie gerade Straßen. Durchschnittsgeschwindigkeit bei Regen: 30 km/h. Als dann noch ein Scheinwerfer den Geist aufgab, wähnten wir uns wirklich fast in einem Horrorfilm. Aber Portugiesen sind ja freundlich und so kamen wir zwar spät, aber mit Zuversicht im Bootshaus der AguasBravas an.

Nächster Tag: Luxus pur, paddeln wie ein Scheich. Bei strahlendem Sonnenschein und blauen Himmel aufgestanden, eine halbe Stunde später ruft Ricardo an: \\'Zieht euch schon mal um, in ner halben Stunde holt euch jemand ab, ihr kommt am Bootshaus wieder raus\\' Gesagt, getan. Das Bootshaus liegt direkt am Rio Paiva, wir fuhren auf dem Zufluss zu diesem, auf dem Rio Paivo. Kristallklares Wasser, herrlichster Sonnenschein, wunderbares Wildwasser - besser kann es nicht werden. Professionell wurden wir von Ricardo an den etwas schwierigeren Stellen eingewiesen: \\'Hier Spitze nach links, dann der Boof\\' - der kannte die Flüsse wie seine Hosentasche. Hin und wieder säumten gelbblühende Mimosen den Fluss. Beim Zusammenfluss von Paivo und Paiva änderte sich der Charakter stark: waren wir vorher auf einem Gebirgsbach (WW III-IV) mit Stufen und Steinen im Drop&Pool Stil unterwegs, wurde jetzt das Wasser braun, der Fluss breiter und um einiges leichter.

Nach diesem herlichem Paddeltag ging es abends dann portugiesisch essen, d.h. gut abgehangenes Rindfleisch mit Reis, Pommes und anderen Diversen Beilagen. Nebenher plante uns Ricardo noch den restlichen Urlaub: welche Flüsse wir unbedingt fahren müssen, wen wir noch anrufen sollen, damit derjenige mit uns paddeln kann, wo die heißen Quellen sind und und und.

Am nächsten Tag stand ein weiterer Genussbach an: der Teixeira. Wassertechnisch auch wieder ein Traum, und natürlich, wie sollte es in Portugal anders sein, alles im Drop&Pool-Stil. Stromschnellen im dritten und vierten Schwierigkeitsgrad, und danach wieder absolutes Flachwasser für 20 Meter - solches Wildwasser kennt man von den Alpen nicht. Schade nur, dass der unterer Teil dieses Flusses vor dem Zusammenfluss mit dem Vouga bald nicht mehr fahrbar sein wird, die kleine Schlucht mit Sôca-Charakter am Ende wird in einem Wasserkraftwerk ertrinken. Und mit 100 Paddlern insgesamt ist die portugiesische Paddlergemeinschaft bei weitem nicht einflussreich genug, um dies zu verhindern.

 

Nach fünf Tage paddeln auf und in der Nähe des Rio Paiva - mit Ausnahme eines Kulturtages in Porto - ging es weiter zum Tamegatal. Unser Kontaktmann dort war Jorge, vom Beruf Zahnarzt. Das traf sich gut, denn drei Tage zuvor war Sebastian eine Füllung aus dem Zahn gefallen. Während er mit betäubtem Kiefer im Zahnarztstuhl dem Papst auf dem Flachbildfernseher an der Decke beim Abdanken zusah, unterhielt ich mich munter mit Jorge über die Flüsse in der Gegend, mit wem man so paddeln könnte und das Leben allgemein. Spontan lud Jorge uns dann ein, die nächsten Tage doch bei ihm zu Hause, bzw. im Zuhause seiner Eltern zu nächtigen. So eine Einladung (vor allem die einer weichen Matratze) kann man natürlich nicht ausschlagen.

Am nächsten Tag sollte es mit Pires paddeln gehen. Da dieser jedoch einen selstamen Biorythmus hat und bis 12 Uhr mittags schläft, hatten wir vormittags frei. Prompt entschlossen wir uns zu einer kleinen Wanderung( mit 700 Höhenmetern), und ehe wir es uns versahen, war es halb zwei. Bis wir dann mit Pires auf dem Louredo im Boot saßen, war es vier Uhr. Und auch in Portugal muss die Sonne irgendwann untergehen! Mit fünf Umtragestellen, Siphons, der drohenden Dunkelheit im Nacken und dann noch Niederwasser-also Steineschrubben- wurde uns, je länger die Fahrt dauerte, immer mulmiger im Magen. Pires Aussage \\'Only 100 Meters\\' schenkten wir nach einer halben Stunde auch keinen Glauben mehr. Und als dann auch noch der Siphon kam, wo einfach der ganze Fluss unter einen Stein fließt, mit einem Strudel davor, als hätte jemand einen Stöpsel aus der Badewanne gezogen... da wurde uns doch schon arg und bang. Wir kamen gerade so noch mit einem blauen Auge davon – Zehn Minuten nachdem wir Aussgestiegen waren, war es zappenduster. Umgezogen haben wir uns im Scheinwerferlicht des Autos... so etwas wird uns sicher eine Lehre sein. Aber das Tamegatal hat auch andere Bäche zu bieten. Der Tamega selbst ist Wuchtwassergenuss pur – wenn man die langen Flachwasserpassagen dazwischen in Kauf nimmt. Der Olo ist dagegen eher technisches Traumwasser- keine Siphons, alles fair und mit langem Hals fahrbar.

 

Zum Abschluss unseres Urlaubs fuhren wir dann noch weiter im Norden den Vez und den Mouro, die alpenähnlichsten Flüsse, die wir in Portugal fanden. Die Pools wurden kürzer, die Stromschnellen länger- einfach nur herrlich. Diese zwei Flüsse setzten wir auch mit dem Fahrrad um bei allen anderen Strecken konnten wir uns immer mit anderen zusammentun, um die Autos umzusetzten. Mit dem Fahrrad umzusetzten, kann in Portugal sehr lange dauern – wenn man z.B. beim Olo allein schon eine Stunde für die einfache Strecke mit dem Auto braucht, ist das mit dem Fahrrad bestimmt ein gutes Training.

Insgesam waren es zwei herrliche Wochen Wildwasser, mit je einer Woche Kultur An-und Abreise. Dies wird sicherlich nicht unsere letzte Fahrt dorthin gewesen sein, aber das nächste Mal nehmen wir das Flugzeug!

* Abgesehen von Gebirgsüberquerungen bei An- und Abreise

Praktische Tipps: Portugal hat zwar eine Autobahnmaut, diese funktioniert über ein etwas seltsames automatisches Erkennungssystem der Nummerschilder. Oder anders formuliert: Fährst du ein ausländisches Auto, kriegst du keine Rechnung und zahlst somit auch nichsts.

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